Großschönau: Museum bewahrt einzigartige Oberlausitzer Textilgeschichte

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Kunstministerium fördert Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau

Ministerin Stange: “Museum bewahrt und dokumentiert einzigartige Textilgeschichte”

Der Freistaat Sachsen fördert über die Landesstelle für Museumswesen das Deutsche Damast- und Frottiermuseum Großschönau. Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange übergibt einen Fördermittelbescheid für das Museum heute im Rahmen des Festaktes zum 350-jährigen Jubiläum der Großschönauer Damastweberei. Die Sächsische Landesstelle für Museumswesen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden finanziert mit 30.000 Euro die Einrichtung der Schatzkammer der Damaste im Deutschen Damast- und Frottiermuseum. Diese bildet den Ausgangspunkt für die schrittweise Erneuerung der gesamten Dauerausstellung, die auch von der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gefördert wird.

“Ich weiß, dass die heutige Feier den Auftakt für ein facettenreiches Festjahresprogramm bildet, an dessen Ende die Eröffnung der Schatzkammer der Damaste als Ausgangspunkt für die Erneuerung der gesamten Dauerausstellung stehen soll. Daher freut es mich ganz besonders, Ihnen heute den Fördermittelbescheid der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Höhe von dreißigtausend Euro für dieses Projekt übergeben zu dürfen”, erklärt Staatsministerin Dr. Eva-Maria Stange und ergänzt, “das Museum ist wirklich einzigartig, weil nur noch hier die hoch spezialisierte Damastherstellung an funktionstüchtigen historischen Webstühlen sowie die Anfertigung von handgewebter Frottierware verfolgt werden kann. Die Ausstellung bewahrt und dokumentiert zudem die einzigartige örtliche Textilgeschichte”.

Bereits in den vergangenen Jahren wurde das Museum mit Fördermitteln des SMWK unterstützt, um ein neues Ausstellungskonzept zu entwickeln und mit zusätzlicher finanzieller Hilfe aus EU-Fördermitteln den gesamten Ort mit einem Textillehrpfad als Textildorf zu erschließen. Die Großschönauer Damaste oder Bildgewebe waren einst ein exklusives, weltbekanntes Luxusgut. Spezialisiert hatten sich die Großschönauer Weber vor allem auf kostbare Tafelwäsche, vorwiegend vom europäischen Adel und Hochadel nachgefragt. Nirgendwo in Deutschland wurde so lange und so viel echter Damast gefertigt wie in Großschönau.

Damast- und Frottiermuseum Großschönau im LANDKREIS GÖRLITZ

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Geschichte der Frottierherstellung in Großschönau

Die Frottierweberei hat in Großschönau eine lange Tradition. Hier stand 1856 der erste Frottierwebstuhl in Deutschland und Großschönau war lange Zeit ein Zentrum der deutschen Frottierindustrie. Anfangs wurden ausschließlich Hand- und Badetücher aus gebleichten und gefärbten Garnen hergestellt. 1887 wurden bereits 67 Frottierwebstühle in den Umgebindehäusern der Großschönauer Hausweber gezählt. Hinzu kamen nochmals 80 bereits in Fabriken stehende Frottierwebstühle. Seit 1892 erweiterte die Herstellung von Bademänteln das Produktportfolio der Frottierfabrikanten. Um 1900 waren von den 2250 Webstühlen in Großschönau bereits 700 für die Frottierherstellung bestimmt. In den 20er Jahren des 20. Jh. wurde Frottier zum dominierenden Erzeugnis der Großschönauer Textilindustrie. Diese Tradition der Frottierherstellung wird bis in die heutige Zeit fortgesetzt.

Frottier

Frottier ist ein Schlingengewebe. Es besitzt zwei Kettfadensysteme, die Grundkette und die Polkette, sowie ein Schußfadensystem. Die Polketten, die die Schlingen bilden, müssen mit lockerer Spannung verarbeitet werden, während die Grundkette beim Webprozess immer unter starker Spannung bleibt. Der Ursprung der Frottierherstellung, d.h. der Fertigung von Schlingengeweben, liegt im vorderen Orient. Nach einem Türkeibesuch sandte der Engländer Heny Christie seinem Bruder in den Fairfield-Werken in Droylsden, England, ein in Handarbeit hergestelltes Handtuch mit Schlingen auf der Oberseite. Dadurch angeregt experimentierten die Hillgate-Werke in Stockport mit der Herstellung von Tüchern mit Schlingenoberfläche. Um 1850 entstand der erste Handwebstuhl, mit besonderen technischen Vorrichtungen der die Herstellung von Frottierstoffen ermöglichte. Bereits 1852 wurden die ersten mechanischen Frottierwebstühle entwickelt. Einige der ersten in England hergestellten Frottierhandtüchern wurden Königin Victoria geschenkt. Diese fanden soviel Anklang, dass die Wäschekammer des Hofes daraufhin sechs Dutzend bestellte. Im englischen Sprachraum wird bis heute die Bezeichnung “turkish towel” für Frottiertuch und “turkish loom” für den Frottierwebstuhl verwendet.

Geschichte der Damastherstellung in Großschönau

Zwei Großschönauer Leinenweber, die Brüder Friedrich und Christoph Lange, wurden vom Zittauer Rat nach Holland geschickt um die Damstweberei zu erlernen und die Herstellung dieses Luxusgutes auch in ihrer Heimat zu ermöglichen. 1666 kehrten die beiden mit dem Wissen um die Damastherstellung nach Größschönau zurück und führten diese in ihrer Heimat ein. Schon wenige Jahrzehnte später war Großschönauer Tafelwäsche aus Leinendamast weltbekannt. Neben der Herstellung von Tafeltüchern und Servietten wurden Damaststoffe auch für den kirchlichen Gebrauch und für dekorative Zwecke fabriziert. In Deutschland gibt es keinen anderen Ort, in dem so viel und so lange Damast gewebt wurde wie in diesem Oberlausitzer Dorf. Hier waren bis zu 1000 Damastwebstühle in Betrieb, und 3/4 der Bevölkerung lebten damals von diesem Handwerk. Die Jahresproduktion hatte 1834 einen Wert von 400.000 Talern. Zu den bevorzugten Motiven gehörten biblische Szenen, Wappen, Ansichten von Städten und Sehenswürdigkeiten, Blumen und Jagdszenen. Gedenktücher würdigten Friedensschlüsse und andere historische Ereignisse.

Damast

Echter Damast ist ein Bildgewebe mit Atlasbindung, und zwar Kettatlas in der Figur und Schußatlas im Grund oder umgekehrt. Der Name leitet sich von der Stadt Damaskus ab, wo ein frühes Zentrum der Damastherstellung und des Damasthandels lag. Der Ursprung der Damastweberei liegt in China oder Persien. Über den Orient gelangte das Wissen über die Damastherstellung nach Europa. Ein frühes Zentrum der Damastherstellung in Europa waren die Niederlande. Damast ist an treppenförmigen, mehrfadigen Abstufungen an den Musterkonturen zu erkennen. Echter Damast wird heute nicht mehr hergestellt, sondern es handelt sich bei den heutigen Damaststoffen um Jacquardware, deren Muster anders als beim echten Damast entsteht. Die gleiche Warenbezeichnung hat sich eingebürgert, da beide Erzeugnisse Bildgewebe sind und da die Jacquardtechnik aus der Damastweberei hervorgegangen ist. Echter Damast entstand auf Zampel- oder Zugwebstühlen. Harnischschnüre hoben die Kettfäden mustergerecht aus, und Schäfte bildeten das Fach für die Atlasbindung. Das Anfertigen der Musterzeichnung und ihre Übertragung in den aus Schnurenbündeln bestehenden Lätzezug oder Zampel konnte bei einem Tafeltuch mehrere Monate dauern. Am Zugwebstuhl arbeiteten immer mindestens ein Weber und ein Zieher.

Internet

Quelle: SMWK – Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst

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